Entdeckung einer selbstgemachten Stadt

Einige Typologien und Nutzungsarten sind im Architekturstudium und in der Praxis gut bekannt: Von dem Block im Wohnungsbau bis zu einem Büroturm können wir Nutzungen sowie Grenzen zwischen privat und öffentlich meist gut definieren. Zumindest auf dem Papier. Im realen Stadtraum entwickeln sich Zwischennutzungen, spontane Umwidmungen und fließende Transformationen. Und es entstehen Nutzungsarten, die nicht vorgesehen waren, die niemals geplant werden könnten: Oft aus der Not heraus, meist im Sinne des Gemeinwohls. In diesem Seminar nennen wir sie „Orte des Gemeinschaffens“. Sie keimen dort auf, wo Flächen nicht optimal oder zu wenig genutzt werden. Oder sie ergeben sich durch Zufall, wenn Räume zu einer besonderen Nutzungsart einladen und Menschen vor Ort ähnliche Ideen und Visionen haben. Sie können zu einer Eineignung des öffentlichen Raum führen oder private Räume für die Nachbarschaft öffnen. Sie können für wenige Stunden aufkommen oder für mehrere Jahre bestehen bleiben. In jedem Fall nutzen sie aber den Spielraum und die Mängel, die zwischen den Zeilen der Baugesetze und zwischen den Linien einer Entwerferin entstehen. Genau diesen Zwischenraum möchten wir erkunden: durch Literatur und Projektbeispiele und durch ein gezieltes Entdecken im realen Stadtraum. Abschließend möchten wir durch eine Stadtintervention einen eigenen, temporären „Ort des Gemeinschaffens“ ermöglichen und dadurch selbst einen Stück Raum für einige Momente verändern.

FORMAT
Das Seminar wird für Studierende im Master und im Bachelor angeboten.
Dieses Lehrangebot besteht aus auf (Online) Präsenz basierten Lernformen
und Eigenleistungen im Selbststudium. Bei erfolgreichen Abschluss wird ein Seminar-Modul mit 6LP anerkannt. Weitere Details zu der Anerkennung sind der entsprechenden Prüfungsordnung bzw. dem Modulhandbuch zu entnehmen.

ZIEL UND METHODE
Dieses Seminar ist eine Entdeckungsreise, auf der wir „Orte des Gemeinschaffens“ als Möglichkeitsraum, städtebauliche Typologie und Teil der Stadtentwicklung betrachten. Die braunschweiger Projektelandschaft ist einerseits erreichbar und präsent, andererseits ein wenig versteckt und kaum publiziert. Wir möchten diese besonderen Orte kennen- lernen und durch eine Stadtintervention selbst einen solchen Ort schaffen. Die Erkenntnisse in Form von Texten und Illustrationen fließen in eine Publikation, die „Orte des Gemeinschaffens“ und ihre Wirkung sichtbar machen soll. Der Arbeitsprozess wird in vier Bausteinen gegliedert:
– Inputs und Stadtentdeckungen
– Diskussionen und Einzelgespräche
– Eigenständige Arbeit
– Stadtintervention

PHASE 1: EINSTIEG IN DAS THEMA
In der ersten Phase werden durch Literaturrecherche und Diskussion eigene Themeschwerpunkte formuliert. Zu den ausgewählten Themen wird ein Kurztext als Essay verfasst. Damit schaffen wir einen Einstieg in das Thema und können danach in dem realen Stadtraum unser Wissen und unsere Ideen anwenden.

PHASE 2: PROJEKTELANDSCHAFT
Im zweiten Schritt beschäftigen wir uns mit den „Orten des Gemeinschaffens“ in Braunschweig. Wir wollen die Projekte kennenlernen, die selbstorganisiert und gemeinschaftlich etwas vor Ort bewegen und einen Stück Stadt mit kleinen Angriffen verändern. In Spaziergängen und Fahrradtouren durch die Stadt erkunden wir die braunschweiger Projektelandschaft und erstellen Portraits von besonderen Orten.

PHASE 3: STADTINTERVENTION
Zum Abschluss planen und veranstalten wir eine eigene, gemeinsame Stadtintervention. In diesem Kontext überlegen wir: Welche Themen können wir aufgreifen? Welche räumliche Konstellation möchten wir durch eine künstelische Aktion stören? Das Ziel
ist es, im realen Raum mit kleinen, temporären Eingriffen oder Aktionen einen besonderen Effekt zu erzeugen. Wir wollen nicht den Raum an sich verändern, sondern vielmehr die Wahrnehmung und Nutzung des Raum beeinflußen.

ERGEBNISSE
Entstehen soll eine Dokumentaion des gesamten Prozesses. Wir dokumentieren unsere ersten Gedanken in kurzen Essay-Beiträgen, die durch Literatur unterstützt werden. Impressionen der Projekte und Räume werden in Kurztexten und Illustrationen festge- halten. Und natürlich Dokumentieren wir unsere Stadtintervention vor Ort mit Konzeptzeichnungen und Fotos. Dadurch möchten wir unsere Entdeckungsreise zu den „Orten des Gemeinschaffens“ festhalten.

BETREUUNG
Larisa Tsvetkova und Hannah Hemsing

KONTAKT
l.tsvetkova@tu-bs.de

WEITERE INFORMATIONEN:
Aufgabenstellung als PDF